Selbsthilfe

Das Lipödem ist eine chronische Erkrankung. Die damit einhergehenden Beschwerden und die dauerhafte Therapie (Tragen einer Kompressions-Versorgung, Lymphdrainage und ggf. Gewichtsreduktion) beeinträchtigen die Lebensqualität der betroffenen Frauen in aller Regel erheblich. Hinzu kommen oft Unverständnis, wenn nicht gar Ablehnung durch das soziale Umfeld. Und dann ist da noch die Sorge, dass sich das Lipödem und die Probleme damit sich mit der Zeit verschlimmern. All das bedeutet eine psychische Belastung, die viele der betroffenen Frauen schlichtweg überfordert.

Doch was eine Lipödem-Patientin allein nicht tragen kann, gelingt in Gemeinschaft mit Menschen, die das gleiche Problem haben, erheblich leichter. So kann die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe (SHG) eine große Quelle von Kraft und Zuversicht sein. Chronisch kranke Menschen, die sich zu einer Selbsthilfegruppe zusammentun, können dadurch nicht nur eine gute Kompetenz zur Problembewältigung entwickeln, sie gewinnen in der Regel auch deutlich an Lebensqualität.

An verschiedenen Orten in Deutschland haben Frauen, die an einem Lipödem leiden, SHGs gegründet. Es sind aber trotzdem immer noch viel zu wenige. Häufig sind in diesen Gruppen Patient(inn)en mit Lipödemen und chronischen Lymphödemen gemischt. Der Grund dafür ist, dass die „klassische“ (= konservative, nicht-operative) Behandlung beider Erkrankungen die gleiche ist, die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE). So können sich die Betroffenen gegenseitig über gute und schlechte Ärzte, Therapeuten und Sanitätshäuser etc. informieren, sich praktische Tipps geben und sich gegenseitig aufmuntern.

 

Der Wert der Selbsthilfegruppe

Geselligkeit mit Menschen, die ähnliche Probleme haben, bringt den Gruppenmitgliedern viel emotionale Erleichterung. Sie macht ganz einfach Freude! Doch eine SHG kann darüber hinaus noch viel mehr leisten. Da tauschen sich die Mitglieder etwa darüber aus, welcher Arzt sich mit Ödemkrankheiten auskennt, welcher Therapeut gut „lymphen“ und bandagieren kann, wohin man wegen seiner Kompressions-Versorgung am besten gehen soll. Oder wo eine Schneiderin ist, die Kleidungsstücke für wenig Geld dem Lipödem entsprechend anpasst. Da können Sie schon bei einem einzigen Gruppentreffen Lösungen für Probleme finden, an denen Sie vielleicht sogar seit Jahren leiden.

Wenn die „Chemie“ in der Gruppe stimmt (was manchmal vielleicht auch etwas Zeit braucht), kann sich eine ungeahnte positive Eigendynamik entwickeln. Gemeinsames Walking alle paar Tage, gegenseitige Hilfe beim Ausrichten von Familienfeiern, Teilnahme – „allein trau’ ich mich nicht!“ – an Kursen für Wassergymnastik, Joga, Tai Chi oder Qi Gong oder oder oder… Hier kommt der richtige Appetit spätestens beim Essen!

 

So gründen Sie eine Selbsthilfegruppe

In jeder größeren Stadt und in jedem Landkreis gibt es Selbsthilfe-Kontaktstellen. Das sind professionelle Beratungseinrichtungen mit hauptamtlichem Personal, entsprechenden Räumlichkeiten und Ressourcen. Sie informieren, beraten und unterstützen neu zu gründende und bereits bestehende SHGs. Dort können Sie auch erfragen, ob es in Ihrer Nähe bereits eine SHG für Lipödeme bzw. Lymphödeme gibt. Da es aber in ganz Deutschland weit weniger als hundert solcher SHGs gibt, werden Sie in aller Wahrscheinlichkeit selbst eine gründen müssen, wenn Sie sich mit anderen Betroffenen zur gegenseitigen Unterstützung zusammentun möchten.

Eine SHG zu gründen, ist gar nicht so schwierig, wie viele meinen. Folgende Vorgehensweise hat sich gut bewährt:

  1. Entwerfen Sie einen Handzettel mit der Information und Ihrer Telefonnummer. Falls Sie hierfür Hilfe brauchen, wenden Sie sich bitte an shg@lipoedem-gesellschaft.de. Wir helfen Ihnen kostenlos.
  2. Kopieren Sie den Handzettel (vier auf einem Blatt DIN A4, danach schneiden) in einem Copy Shop (Kopierläden gibt es in jeder Stadt) und verteilen Sie sie zu jeweils ca. 30 Exemplaren an Praxen von Physiotherapeuten und Ärzten, Sanitätshäusern und Apotheken mit der Bitte, diese auszulegen. Listen mit örtlichen Adressen stellt Ihnen der Lymphverein zusammen.
  3. Erkundigen Sie sich nach geeigneten Räumlichkeiten, die Sie für die Gruppentreffen kostenlos bzw. für wenig Geld benützen können. Hier helfen Ihnen neben den bereits genannten Selbsthilfe-Kontaktstellen auch Gesundheitsämter, Krankenhäuser, Diakonie, Caritas, Rotes Kreuz, AWO, Pfarrgemeinden und andere sozialen Einrichtungen. Bitte gewerblichen Räumlichkeiten (Sanitätshäuser, Praxen etc.) höchstens vorübergehend aber nicht dauerhaft benützen. Sie bekommen sonst keine finanzielle Unterstützung.
  4. Wenn sich Interessenten bei Ihnen anrufen, erklären Sie Ihre Pläne und versuchen Sie, Ihr Gegenüber schon am Telefon etwas kennenzulernen. Notieren Sie Name und Rufnummer.
  5. Wenn sich etwa fünf Interessenten gemeldet haben, rufen Sie alle an und verabreden Sie ein erstes Treffen. Dieses kann auch in einem Café stattfinden.
  6. Sprechen Sie gemeinsam über Ihre Probleme und darüber, welche Hilfe jeder Einzelne sich von einer SHG erhofft und was er für die Gruppe tun könnte.

Alles Weitere ergibt sich dann aus den Gesprächen. Falls Sie noch Fragen haben oder Hilfe brauchen, können Sie sich an den Lymphverein wenden. Da unsere Gesundheitspolitik und Krankenkassen festgestellt haben, dass Selbsthilfe die gesundheitliche Situation ihrer Mitglieder sehr positiv beeinflusst, werden die SHGs finanziell unterstützt. Seit 2008 können gesundheitsbezogenen SHGs durch die Krankenkassen gefördert (§ 20 c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V), werden. Damit hat der Gesetzgeber die Förderung von Selbsthilfegruppen faktisch zu einer Pflichtleistung der Krankenkassen gemacht. Alle Krankenkassen müssen ab 1. Januar 2020 jährlich 1,15 € pro Versicherten für die Selbsthilfeförderung bereitstellen. Das sind dann insgesamt rund 83,9 Mio. Euro im Jahr! Die Krankenkassen sind dabei verpflichtet, diesen Betrag für die gesundheitliche Selbsthilfe auch tatsächlich zu verausgaben. Die Hälfte davon fließt in die kassenübergreifende Gemeinschaftsförderung. Der Rest kann über die kassenindividuelle Förderung von jeder Krankenkasse einzeln vergeben werden. Mit dem Geld können die Gruppen ihre Kosten für Miete, Öffentlichkeitsarbeit, Büromaterial, Schulungen, Fortbildungen, Tagungs- und Kongressbesuche etc. bestreiten.

 

Förderungen auf Seiten der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger

Die Förderungsoptionen auf Seiten der Krankenkassen sind vielfältig.

So sind Hilfs und Unterstützungsoptionen in Form von Bonusprogrammen, Präventionskursen, Onlinekursen sowie Rehabiltationsmöglichkeiten (Rehamaßnahme und/oder Rehasport) denkbar.

Fragen Sie Ihren Arzt und/oder Ihre Krankenkassen, nach möglichen Optionen.

Weitere Informationen finden Sie im Mitgliederbereich.

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